Die Bohrung für die Geothermieanlage Aspern/Eßling, die Mitte Juli begonnen hat, schreitet mit Riesentempo voran. Im Rahmen der traditionellen Barbaraweihe – zu Ehren der Schutzpatronin der Bergleute, der heiligen Barbara – ist heute der erfolgreiche Durchstoß der ersten geologischen Sektion in 750 Metern Tiefe bekannt gegeben worden. Damit kann nach nur sechs Wochen die Bohrung des zweiten Abschnitts bis in 2.100 Meter Tiefe starten.
Bis Spätherbst werden die Bohrmeißel durch verschiedene Gesteinssektionen in 5.000 Meter Tiefe vordringen, dann wird mit dem ersten Pumpversuch zur Förderung des Thermalwassers begonnen. Insgesamt dauern die Bohrarbeiten inklusive Pump- und Reinjektionsversuch rund ein Jahr. Wiens erste Geothermieanlage wird mit 40 Megawatt thermischer Leistung bereits Anfang 2015 etwa 40.000 Wiener Haushalte, darunter auch Teile der Seestadt Aspern, mit umweltfreundlicher Fernwärme aus Erdwärme versorgen. Die Investitionskosten betragen 45 Mio. Euro.Renate Brauner, Vizebürgermeisterin und Wirtschaftsstadträtin der Stadt Wien: „Gerade im derzeit
wirtschaftlich schwierigen Umfeld muss in zukunftsträchtige Infrastrukturprojekte investiert werden, und mit der Geothermie erschließen wir eine solche bedeutende Zukunftstechnologie. Schon das Pilotprojekt Aspern/Eßling wird tausenden Wiener Haushalten und Betrieben eine völlig neuartige Energieinfrastruktur bringen und dazu führen, dass die Abhängigkeit von Brennstoffimporten abnimmt.“
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Insgesamt wird das Geothermiepotenzial im Wiener Becken auf rund 300 Megawatt Wärmeleistung geschätzt. Alleine in Wien würde die volle Ausschöpfung des Geothermiepotenzials den Anteil der erneuerbaren Erzeugung im Bereich Fernwärme von heute 18 Prozent auf rund 46 Prozent steigern. Marc H. Hall, Wiener Stadtwerke-Energievorstand: „Klimafreundliche Lösungen zur Energieerzeugung sind die Zukunft. In Wien spielt Geothermie daher eine wichtige Rolle bei der Energiewende. Schon jetzt
erzeugen wir mit der Kombination aus Strom- und Wärmeproduktion über Kraft-Wärme-Kopplung in hocheffizienten Gaskraftwerken und der Wärme aus Abfallverwertung umweltfreundlich und zu fairen Preisen Energie. Um diese Kundenfreundlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, müssen wir als Wiener Stadtwerke in Technologien wie die Geothermie investieren.“
Susanna Zapreva, Wien Energie-Geschäftsführerin: „Als Österreichs größter Energiedienstleister haben wir rechtzeitig begonnen, die Weichen in Richtung nachhaltiger Energiezukunft zu stellen. Wir verfolgen zwei wesentliche Ziele: Auf der einen Seite setzen wir stark auf Effizienz in der Energienutzung für unsere Kundinnen und Kunden, und auf der anderen Seite bauen wir stark auf erneuerbare Energieproduktion.
Unser Ziel ist es, sowohl bei der Strom- als auch bei der Wärmeproduktion bis 2030 50 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen zu gewinnen. Neben dem Wärmespeicher ist die Geothermie ein wesentlicher Meilenstein, um dieses Ziel zu erreichen.”
Gerhard Fida, Wien Energie Fernwärme-Geschäftsführer: „Die Erdwärme-Bohrung ist eine technische Meisterleistung, denn pro Tag stoßen die Bohrer der Anlage mit einer Hakenlast von 350 Tonnen ins Erdinnere vor – in Österreich in dieser Dimension einmalig. Wenn unsere Prognosen zutreffen, kann ab 2015 Thermalwasser mit einer Temperatur von 150°C und einer Schüttung von bis zu 100 Litern pro Sekunde zu Tage gefördert werden. Der erfolgreiche Start dieses Pilotprojekts wird damit auch einen
Investitionsschub für diese erneuerbare Energiequelle auslösen.“
Fritz Kittel, Leiter der Abteilung Immobilien in der Wirtschaftsagentur Wien, die zu 20 Prozent an der Geothermiezentrum Aspern GmbH beteiligt ist: „Vor Jahren begab sich die OMV in der Seestadt Aspern auf Schatzsuche. Es wurde zwar nicht das erhoffte Erdöl- und Gasvorkommen gefunden, dafür brachten die Probebohrungen das Wissen um einen anderen Schatz zu Tage: heißes Wasser! Die Idee der Wirtschaftsagentur Wien im Jahr 2002, dieses heiße Wasser wirtschaftlich zu nutzen, kann zurecht als
Geburtsstunde der Geothermie in der Seestadt aspern und als dreifacher Gewinn bezeichnet werden:
Regenerative Energiegewinnungsmethoden sind gut für die Umwelt, gut für die Wirtschaft und gut für die EnverbraucherInnen. Das macht sie zu einem idealen Bestandteil einer zukunftsfähigen Energieversorgung. Denn Geothermie ist ressourcenschonend, effizient, sicher und günstig. Diese Zielvorgaben verfolgt die Wirtschaftsagentur Wien auch bei der Errichtung des „aspern IQ“ in unmittelbarer Nachbarschaft zum Geothermiezentrum. Das Technologiezentrum „aspern IQ“ ist ein Plus-Energie-Gebäude und somit ein echtes „Zukunftshaus“ für die ersten Unternehmen in der Seestadt Aspern.“
Michael Kotschan, Geschäftsführer der Geothermiezentrum Aspern GmbH: „Die günstige Geologie im Wiener Becken erlaubt uns, mit der hydrothermalen Geothermie eine sehr sanfte Form der Energiegewinnung anzuwenden. Das heißt, wir schaffen keine künstlichen Risse, sondern nehmen nur, was natürlich vorhanden ist, nämlich heißes Thermalwasser. Seismische Aktivitäten sind dadurch so minimal, dass sie zwar mit hochsensiblen Geräten gemessen werden können, für die AnrainerInnen aber nicht spürbar sind. Das gesamte Vorhaben ist wissenschaftlich gründlich geprüft. Der ordnungsgemäße Bau und Betrieb wird von Experten der Technischen Universität Wien mit Messungen vor Ort laufend beobachtet und kontrolliert.”
Bei der hydrothermalen Geothermie werden bei der ersten Bohrung wasserführende Gesteinsschichten im tiefen Untergrund direkt angebohrt. Das im Gestein enthaltende Thermalwasser wird an die Oberfläche gefördert. Mit einem Wärmetauscher wird dem Heißwasser die Wärmeenergie entzogen und ins Fernwärmenetz gespeist. Über eine zweite Bohrung wird das abgekühlte Wasser zurück in etwa 3.600 Meter Tiefe geleitet. Mit der Rückführung des abgekühlten Wassers entsteht ein erneuerbarer Energiekreislauf.
Komplexe Logistik bei Bohrturmerrichtung Der Bohrung sind in den vergangenen Monaten intensive Bau- und Vorbereitungsarbeiten vorangegangen. Nach der Errichtung des Fundaments und dem Aufbau der Lärmschutzwand auf einer Länge von rund 60 Metern wurde der Bohrturm fertiggestellt. Mit insgesamt 80 LKWs und Schwertransporten wurde dabei in den vergangenen Wochen die gesamte Bohranlage des Bohrspezialisten Daldrup & Söhne von Deutschland nach Wien transportiert. Bei der Bohranlage handelt
es sich um eine elektrohydraulische Anlage, die geräuscharm und umweltfreundlich arbeitet, da in den
Stromaggregaten kein Diesel zum Einsatz kommt.
Die wichtigsten Fakten auf einen Blick
Bohrung I und II: Juli 2012 – Juni 2013 (inkl. Pump- und Reinjektionsversuch)
Erwartete Leistung: 40 MW Wärmeleistung
CO2-Einsparung: 130.000 Tonnen pro Jahr
Erwartete Temperatur: 150°C
Versorgung: 40.000 Wohnungen in Wien
Inbetriebnahme: Anfang 2015 (inkl. Anschluss an das Wiener Fernwärmenetz)
Der nächste Tag der offenen Tür am Bohrplatz findet am 28. September 2012, 14:00 – 18:00 Uhr statt.
Über Wien Energie
Wien Energie ist der größte Energiedienstleister Österreichs. Das Unternehmen versorgt mehr als 2 Millionen Menschen, rund 230.000 Gewerbeanlagen, industrielle Anlagen und öffentliche Gebäude sowie rund 4.500 landwirtschaftliche Betriebe in Wien, NÖ und Burgenland mit Strom, Erdgas und Wärme.
Über die Geothermiezentrum Aspern GmbH
Die Geothermiezentrum Aspern GmbH wurde 2007 gegründet. Ziel ist die Planung, Errichtung und der Betrieb von Kraftwerken zur Nutzung hydrothermaler Geothermie in Wien. Die Geothermiezentrum Aspern GmbH ist ein Tochterunternehmen von Wien Energie Fernwärme (80 Prozent der Unternehmensanteile) und der Wirtschaftsagentur Wien (20 Prozent).