Die Österreichische Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) arbeitet an einer „Branchenuntersuchung Gesundheit“ betreffend die Märkte für Apotheken, Krankentransporte und Krankenbeförderungen, Krankenversicherungen sowie Krankenanstalten.
Im Mai 2018 ist Teilbericht I „Der österreichische Apothekenmarkt“ erschienen.
In den allgemeinen Medien wurde insbesondere über die Kritik am Bedarfsprüfungsverfahren für die Neuerrichtung von öffentlichen Apotheken berichtet.
Die BWB spricht von einer “monopolartigen Wettbewerbsposition” und verweist auf die Vorteile einer Liberalisierung: “Eine Deregulierung des Marktzutritts würde Apotheken erlauben, miteinander in Wettbewerb zu treten und damit positive Auswirkungen für die Konsumenten mit sich bringen sowie erhebliche Wohlfahrtseffekte generieren. Eine größere Zahl an Apotheken hat eine höhere Apothekendichte und damit einen besseren Zugang zu Arzneimitteln sowie kürzere Wartezeiten zur Folge.
Die Österreichische Apothekerkammer und andere Marktteilnehmer haben – wie zu erwarten – umgehend widersprochen. Unter Hinweis auf die Situation in Deutschland, wo seit 1962 „Niederlassungsfreiheit“ besteht, wird argumentiert, dass es bei uns besser ist. Die Drogeriemarktkette dm hingegen, die gerne rezeptfreie Medikamente verkaufen würde, fühlt sich durch die BWB gestärkt.
Meine Beobachtungen in Deutschland zeigen: an wirtschaftlich attraktiven Stellen besteht ein Überangebot, in städtischen Randlagen und auf dem flachen Land gibt es eher wenige Apotheken. Die Betriebsgröße ist durchwegs kleiner und der Lager-bestand geringer; besonders auffällig: magistrale Zubereitungen (individuelle Salben, Augentropfen usw.) können mangels Geräteausstattung nicht überall hergestellt werden. In Österreich verteilen sich Apotheken gleichmäßiger und sind ausnahmslos gleichartig ausgestattet. Nebenbei bemerkt: Österreichs rd. 1.300 Apotheken stehen in Deutschland rd. 20.000 (entsprechend der Gesamtbevölkerung ergäben sich rd. 13.000) gegenüber; berauschend unterschiedlich ist die Apothekendichte also nicht!
Weitere Vorschläge der BWB betreffen: Liberalisierung des Filialsystems zwecks Sicherung der Heilmittelversorgung insbesonders in ländlichen Gebieten, Liberalisierung der Öffnungszeiten entsprechend dem Wunsch der Konsumenten, Liberalisierung der Dienstleistungen zwecks Stärkung des Qualitätswettbewerbs und Erweiterung des Beitrags der Apotheke als Gesundheitseinrichtung für die Volksgesundheit, Liberalisierung des OTC (rezeptfreie Arzneimittel)-Marktes, dadurch gesteigerter Preiswettbewerb durch Markteintritt der Drogerien und Qualitätswettbewerb insbesonders bei der Beratungsleistung.
Die BWB hat ihrer Bestimmung gemäß Vorschläge gemacht. Ob und wie die Politik darauf eingeht, wird die Zukunft zeigen. Änderungen sollten mit Umsicht und Bedacht auf das Dank der hohen Einsatzbereitschaft meiner BerufskollegInnen hervorragende Apothekenwesen in Österreich erfolgen.
Nicht alles, was (leicht) geht ist richtig, meint Ihr
Mag. Johann Kuhn