Statt Wurstsemmel holen benötigt es mehr Qualität in der Lehrausbildung. Das Jahr 2012 brachte leider einen traurigen Rekordwert an nicht bestandenen Lehrabschlussprüfungen, denn 19 Prozent aller Wiener Lehrlinge fielen durch und dies ist seit 1975 der Höchstwert. Offenbar verwechseln einige Betriebe Ausbildung und Ausbeutung! Denn wenn jemand drei Jahre im Betrieb tatsächlich gemäß Berufsbild ausgebildet wird, dann müssten den Ausbildnern doch die Defizite auffallen. Wir müssen endlich dem Missbrauch von Lehrlingen als billige Arbeitskraft einen Riegel vorschieben, denn dieser bedeutet Zukunftsraub! Wenn berufsfremde Tätigkeiten wie Wurstsemmel holen oder die Schwerpunkte in der Lehre Kaffe kochen, kopieren oder aufkehren sind, dann müssen alle Alarmglocken läuten. Es freut mich, wenn einzelne Lehrlinge diverse Berufsmeisterschaften gewinnen, doch wir wollen eine weltmeisterliche Ausbildung für alle. Dementsprechend braucht es dringend mehr Qualität in der Lehrausbildung, damit ein starkes Fundament zur Verwirklichung von Träumen in der Arbeitswelt geschaffen wird und die Jugendlichen ein selbstbestimmtes Leben in Würde führen können! Die Wirtschaftskammer ist gefordert, endlich Maßnahmen zu setzen, denn schließlich sind ihre Lehrlingsstellen für die Überwachung der betrieblichen Ausbildung zuständig”, so Christoph Peschek, Wiener Jugendsekretär der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp) zu der aktuellen Prüfungsstatistik der Wirtschaftskammer Österreich.
“Offenbar ist das Problem von mangelnder Qualität in der Lehrausbildung nicht nur auf Wien reduzierbar, denn in Tirol fielen 19,7 Prozent und in Oberösterreich 19,1 Prozent der Jugendlichen bei der Lehrabschlussprüfung durch. In Wien werden wir uns besonders die Sparten ‘Gewerbe & Handwerk’ sowie ‘Bank & Versicherung’ ansehen müssen, schließlich sind dort mit 29,5 Prozent die meisten negativen Ergebnisse. Daher braucht es einen Mix aus regionaler, bundes- und branchenweiter Maßnahmen zur Verbesserung der Situation. Wir wollen verpflichtende betriebliche Ausbildungspläne und Weiterbildungsmaßnahmen für Lehrlinge, eine Ausweitung der Berufsschulzeit, laufende externe Qualitätskontrollen und Überprüfung der Ausbildungsfähigkeit der Betriebe, regelmäßige Weiterbildung der Ausbildner und standardisierte Feedbackverfahren. Auch die Forderungen der Österreichischen Gewerkschaftsjugend (ÖGJ) nach der bundesweiten Schaffung eines Qualitätszentrums zur Kontrolle der Lehrausbildung sowie Teilprüfungen und eine elektronische Ausbildungsdokumentation nach standardisierten Vorgaben sind zu unterstützen. Die Lehrausbildungsbetriebe erhalten insgesamt Förderungen von über 150 Millionen Euro, dementsprechend muss auch Qualität verlangt werden”, so der Junggewerkschafter.
“Auf Wiener Landesebene wäre die Einführung eines “Lehrlingsawards” eine wichtige Maßnahme. Mit dem Lehrlingsaward und einer damit verbundenen regelmäßig notwendigen Rezertifizierung (bei Einhaltung von Qualitätsstandards) sollen tolle Ausbildungsbetriebe vor dem Vorhang gebeten, Best-Practise-Beispiele gezeigt und das Image der dualen Berufsausbildung verbessert werden. Gleichzeitig hätten die lehrstellensuchenden Jugendlichen eine wichtige Orientierung, welchen Betrieben eine gute Ausbildung ein echtes Anliegen ist. Wien und die Unternehmen brauchen gut ausgebildete Fachkräfte, daher hoffe ich auf die baldige Umsetzung unseres Modells mit der Wiener Wirtschaftskammer, schließlich ist unser Modell seit letztem Jahr bekannt und die Notwendigkeit von Reformen aufgrund der kontinuierlichen Negativentwicklung offensichtlich!”, so Peschek abschließend.