Zeitpläne werden nicht halten
Kritik zum Beginn der sogenannten Öffentlichkeitsbeteiligung beim Vorhaben S1-Lobauautobahn kommt von der Umweltorganisation VIRUS. Sprecher Wolfgang Rehm: “Hier wurde von der Behörde mutwillig das Gesetz nicht eingehalten, wegen derartiger Aktionen musste bereits ein UVP-Verfahren komplett wiederholt werden, aber offenbar bleibt die Behörde trotzdem lieber weiter auf dem hohen Ross sitzen”. Wie VIRUS betont, wären gemäß §24a Absatz 4 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes die Einreichunterlagen unverzüglich dem Umweltminister und den Umweltanwaltschaften zur Stellungnahme zu übermitteln gewesen. Dies habe den Zweck, diese Umweltstellen an der Prüfung der Vollständigkeit des Projekts zu beteiligen. “Wenn diese Weiterleitung dann nahezu drei Jahre nach der Einreichung, nach der Vollständigkeitsprüfung, wenige Tage vor der allgemeinen Auflage des Projekts erfolgt, dann spricht dies jeder Unverzüglichkeit Hohn, die UVP-Behörde nimmt sich einfach die Freiheit, sich nicht an die Gesetze zu halten. Damit ist die UVP von Beginn an mit der Hypothek eines gesetzwidrigen Vorgehens belastet,” kritisiert Rehm. Das Verfahren würde also bereits mit einem Pfusch beginnen, Verzögerungen und Zusatzkosten wären das Resultat. “Beim Verfahren des S1-Westabschnittes zwischen Korneuburg und Eibesbrunn musste deshalb bereits die komplette UVP wiederholt werden, ich frage mich, wann derartige Aktionen wildgewordener Beamten endlich abgestellt werden”, fordert Rehm Konsequenzen.
Auch die “verkehrte Welt im Dunstkreis des Verkehrsressorts” stößt den Umweltschützern von VIRUS sauer auf. Einerseits würden Polit-Inserate von der Asfinag finanziert werden und am Vorstand vorbei vom Kabinett direkt angeordnet, andererseits überlasse es die nur vorgeblich unabhängige Behörde im Verkehrsressort einem Asfinag-Dreigestirn und somit einer Verfahrenspartei, das UVP-Verfahren zu kommentieren.
“Die Lobauautobahn ist und bleibt ein milliardenteures Prestigeprojekt, das auf Pump finanziert werden soll,” geht Rehm mit dem Vorhaben hart ins Gericht. Angesichts der Finanz- und Schuldenkrise wäre es daher fatal, eine derartige Infrastrukturpolitik fortzusetzen, eine Umkehr sei für die Republik zur Überlebensfrage geworden, die Mittel würden zur Finanzstabilisierung, für Bildung, Umwelt, Klimaschutz, Pensionen, Sozialwesen dringender benötigt. “Das Vorhaben ist verkehrs- und klimapolitisch kontraproduktiv und hätte auch negative Auswirkung auf die räumliche Entwicklung im Nordosten von Wien und berge weiters unnötige Risiken für die Naturschätze im Nationalpark Donauauen. Nachhaltige Verkehrsentlastung gebe es so weder regional, noch im Güterfernverkehr. “Anstelle eines raumplanerischen Einheitsbreis braucht es endlich auch die Schaffung Asfinag-freier Zonen in Österreich und wenn man wie Montags die Wirtschaftskammer nicht will, dass uns die LKW um die Ohren fahren, dann geht das nicht über Nebenschauplätze, wie das Donauschiff, dann darf man nicht neue massiv verkehrserregende Bauwerke in die Landschaft klotzen,” so Rehm. Trotz vollmundiger Ankündigungen wäre das vorhaben S1 keine “gmahte Wies’n” und würden auch bei der im Anschluss geplanten, auf die S1 angewiesenen “S8-West” in Richtung Gänserndorf noch Überraschungen warten. “Auch deshalb sind die Zeitpläne mit Vorsicht zu genießen. Bei der A5 Nord hat man ein jahrelanges UVP-Verfahren durchgeführt und muss jetzt wegen Umplanungen erneut und von vorne beginnen,” weist Rehm auf die bisherige Verfahrenspraxis hin. Zu Zeiten der von VIRUS mitinitiierten “Mahnwache in der Lobau” im Jahr 2006 sollte das gesamte Vorhaben Lobauautobahn im Jahr 2014 abgeschlossen werden, nun entspreche dies gerade einmal dem Jahr in dem der nördliche Abschnitt der Lobauautobahn seinen Baubeginn erleben soll – wenn es denn dabei bleiben würde. “Bei aller Unsicherheit, mit der derartige Vorhaben behaftet sind, kann ich garantieren, dass die heute kommunizierten Zeitpläne ebenso wenig halten werden, wie alle anderen vor ihnen,” erklärt Rehm abschließend.